Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wurde in der Öffentlichkeit viel diskutiert. Wir haben mit Prof. Dr. Stefan Brunnert von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Studiengang "Management Erneuerbarer Energien" darüber gesprochen, was das GEG für die künftige Energieversorgung bedeutet.

 

ESB: Was sagen Sie als Energieexperte zur Diskussion um das GEG?

Prof. Dr. Stefan Brunnert: Mich hat die Intensität und die negative Eigendynamik in der öffentlichen Debatte überrascht. Aber der Reihe nach: es gibt auch künftig verschiedene Erfüllungsoptionen für die eigene Wärmeversorgung.

Wärmepumpen sind schon im Jahr 2022 in mehr als der Hälfte aller neugebauten Wohngebäude verbaut worden und dort eine etablierte Standardlösung. Gerade bei Bestandsgebäuden können auch andere Heizsysteme sinnvoller sein, z.B. Biomasseheizkessel (wie Pellet-Kessel), der Anschluss an ein Nah-/Fernwärmenetz oder natürlich Gasheizungen, die zu mind. 65% erneuerbares Gas (z.B. Biomethan oder Wasserstoff) nutzen.

Inwieweit die Möglichkeit besteht, sich gegebenenfalls zukünftig an ein Nah- oder Fernwärmenetz anschließen zu lassen, wird die sogenannte „Kommunale Wärmeplanung“ beantworten: Bis Mitte 2026 (für Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern) bzw. bis Mitte 2028 müssen alle Städte und Kommunen zukünftige Wärmenetzgebiete verbindlich ausweisen.

 

ESB: Welche Rolle wird Biogas zukünftig spielen?

Brunnert: Gerade in Wohngegenden, in denen bereits ein Gasnetz existiert, werden sich Hauseigentümer sehr wahrscheinlich für eine Gasheizung entscheiden, die dann zu mindestens 65% mit einem regenerativen Gas betrieben wird. Bei dem regenerativen Gas wird es sich zunächst insbesondere um Biomethan handeln. Viele Energieversorger bieten schon heute entsprechende Produkte an.

 

ESB: Neben Biogas wird auch Wasserstoff als Alternative diskutiert. Wie sehen Sie das?

Brunnert: Die Transformation der Gasnetze sind eine Chance – sei es mit Biomethan oder Wasserstoff. Immerhin sind in Deutschland Millionen Privat- und Industriekunden an das Gasnetz angeschlossen. Im Wärmebereich wird Wasserstoff vorwiegend zur zentralen Strom-/Wärmeerzeugung eingesetzt werden. D.h., die Umstellung von Erdgas-Heiz(kraft)werken auf Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein, um die Nah- und Fernwärmeversorgung zukünftig klimaneutral zu gestalten. Auch in den energieintensiven Bereichen der Industrie wird Wasserstoff eine zentrale Rolle spielen. Hier geht es darum, bisher vor Ort benötigte, große Erdgasmengen durch Wasserstoff zu ersetzen. Erste Pilotprojekte hierzu sind beispielsweise in der Stahlindustrie angelaufen.

 

ESB: Zum Schluss noch ein Ausblick: Wird die Energiewende im Wärmebereich gelingen?

Brunnert: Zunächst vorweg gestellt eine Bestandsaufnahme: Im Strombereich haben wir schon die Hälfte der Wegstrecke zurückgelegt: Ca. 50% des in Deutschland verbrauchten Stroms ist bereits Grünstrom. Im Verkehrsbereich sind die Weichen hin zur Elektromobilität gestellt: Mit erneuerbarem Strom lassen sich Fahrzeuge zukünftig klimaneutral betreiben. Und auch im Wärmebereich ist der Einstieg in die Energiewende mit dem GEG gemacht. Der eingeschlagene Weg ist aus meiner Sicht sinnvoll und nachvollziehbar: Die Technologien zur Umsetzung sind vorhanden und alltagstauglich, mittels begleitender Förderprogramme wird auch die Kostenseite mit in den Blick genommen. Was uns jetzt noch fehlt: Zuversicht und eine positive Einstellung zu notwendigen Veränderungen.

 

Zur Person:

Prof. Dr. Stefan Brunnert
Studiengang "Management Erneuerbarer Energien"
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf